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Joshua

Joshua erwachte in absoluter Stille. Sein Kopf pochte qualvoll, und in seinem Magen spürte er unterschwellige Übelkeit. Er schluckte krampfhaft und befeuchtete seine aufgerissenen Lippen mit der Zunge. Seine Kehle brannte. Verbissen blendete Joshua das aufsteigende Unbehagen aus und konzentrierte sich auf die Umgebung. Er lag rücklings auf einem harten Untergrund. Die Luft roch abgestanden und schal.

Zögerlich öffnete er die Augen. Nichts. Dunkelheit so tief wie die Schwärze hinter seinen geschlossenen Lidern. Wo befand er sich?

Entschlossen richtete er sich auf. Sein Kopf prallte mit unbarmherziger Wucht an eine unnachgiebige Oberfläche. Joshua zog scharf die Luft ein, während blitzende Funken sein Sichtfeld zerrissen. Zittrig versuchte er, den Schmerz aus seiner Wahrnehmung zu drängen. Trotzdem dauerte es einige Minuten, bis er wieder zu einem klaren Gedanken fähig war.

Erneut hob er die Lider. Dunkelheit.

Er senkte die Lider. Dunkelheit.

Wo war er?

Angestrengt bemühte er sich, die bruchstückhaften Erinnerungsfetzen einzufangen, die in seinem Gehirn umhertrieben. Die Fragmente waren blass und unscharf. Seine Ankunft im Waldgebiet, wie abgesprochen zwei Stunden vor der eigentlichen Zeit. Der Schreck, als ihm unvermittelt eine Hand ein weiches Tuch aufs Gesicht presste. Ein stechender, süßlicher Geruch. Ein Atemzug. Gleichzeitig die Erkenntnis, dass es sich um Betäubungsmittel handeln musste. Dass Luftholen die denkbar schlechteste Reaktion gewesen war. Plötzlicher Schwindel. Verschwommene Wahrnehmung. Der nächste Atemzug, der ihn in die Bewusstlosigkeit zog.

Joshua kniff die Augen zusammen und rief sich selbst zur Ruhe. Sein Kopf schmerzte, als hätte ihn jemand mit einem Stahlhammer bearbeitet. Nachwirkungen der Betäubung? Wieso kam heutzutage eigentlich jeder Depp an Narkosemittel? Vorsichtig bewegte er die Beine und stieß auch hier unmittelbar auf Widerstand. Wohin hatte man ihn verschleppt? Waren diese Idioten völlig verrückt geworden? In der Nachricht stand, dass die Aktion ungefähr eine Stunde dauern sollte. Er wusste zwar nicht, wie lange er ohnmächtig gewesen war, doch er nahm stark an, dass diese Stunde längst vorbei war. Hatten sie ihn etwa vergessen? Wann würde er zu den anderen zurückkehren können? Joshua knirschte verärgert mit den Zähnen. Was für eine saublöde Idee. Hatte das Orga-Team in den anderen Gruppen ebenfalls einen Dummen gefunden, der diesem Mist zugestimmt hatte? Und dafür sollte er den Teilnehmerbeitrag zahlen? Bescheuert. Immerhin konnte diese Tortur nicht besonders lang dauern. Ansonsten hätte sich mit Sicherheit bereits jemand über das Vorgehen des Schattenraum-Teams beschwert. Außerdem hatte Kim nichts dergleichen berichtet.

Kim. Sie war heute Morgen extrem aufgebracht gewesen. Joshua seufzte und schob die Gedanken an seine Ex-Freundin weit weg. Stattdessen ließ er zu, dass ihn eine neue Woge des Ärgers überrollte. Betäuben und entführen? Ohne Vorwarnung einsperren? Sobald er frei war, würde er mit dem Orga-Team ein verdammt unangenehmes Gespräch führen.

Mit den Fingernägeln kratzte Joshua über die ihn umgebenden Wände. Ringsum sprödes Holz. Eine Truhe? Ein Sarg? Joshua schluckte. Bittere Galle stieg seine Speiseröhre empor. Verzweifelt öffnete er die Augen und starrte in die Dunkelheit. Obwohl er wusste, dass es sich bloß um eine inszenierte Entführung des Orga-Teams handeln konnte, flehte er um einen winzigen Lichtschimmer. Nur ein minimaler Anhaltspunkt, der ihn davon überzeugte, nicht lebendig begraben zu sein.